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kath 2:30 Dies DominiDie Masken sind gefallen, die wahren Gesichter kommen wieder zum Vorschein. Im Kreis der Wiederkehr des ewig Gleichen schwillt nun das mediale Weißrauschen aus Fasten-Tipps, Fasten-Bekenntnissen und Fasten-Scheitern ans: Verzicht auf Alkohol, Zucker, Facebook. Fasten furios!

Wer auf Alkohol, Zucker oder soziale Medien verzichtet, ist noch lange kein Asket. Man verzichtet bloß auf ein wenig Luxus, gönnt sich aber gleichzeitig die Prognose einer schlechten Laune, die auch nicht anderes ist als das Symptom eines kalten Entzugs. Was glauben Sie denn?

Besonders ergreifend sind jene Schicksale, die das Fasten dann doch noch mit einem Sinn aufladen wollen. Am Ende des Alkoholverzichtes steht der medizinische Checkup – auf dass die Leberwerte wieder stimmen. Das Zuckerfasten dient dazu, den wie bei dem Konsum von Drogen gesteigerten Serotonin- und Dopaminspiegel zu senken, um wieder sensibler für die Welt zu werden. Freilich bezahlt man die gesteigerte Aufmerksamkeit mit der fastenmanipuliert erhöhten Ausschüttung der körpereigenen Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Cortisol, nach denen manche gar krankhaft süchtig werden. Der Verzicht auf soziale Medien schließlich wird nicht selten der eigenen Familie gewidmet, mit der man wieder mehr Zeit verbringen möchte.

Mensch! – möchte man da den Fastenden zurufen – wenn ihr doch wisst, dass euch das alles schadet, warum macht ihr es dann überhaupt? Macht ihr nach Ostern weiter wie vor Aschermittwoch? Hat die Familie nicht immer mehr Zeit verdient? Nutzt es wirklich, wenn ihr wegen ein paar medizinischer Werte weniger trinkt, um danach wieder mit beruhigtem Selbstbetrug tiefer ins Glas zu schauen? Und Zucker … gut, das mit den Süßigkeiten bringt im stressigen Alltag doch immer wieder kleine Lichtblicke. Gerade deshalb stehen sie ja überall herum, weil ein Stück Schokolade selbst grollende Chefs hin und wieder besänftigt.

Die römisch-katholische Kirche weiß schon, warum sie mit dem Aschermittwoch und dem Karfreitag nur zwei echte Fast- und Abstinenztage kennt, die eng mit dem Tod verbunden sind. Die 40 Tage dazwischen sollen eben keine sieben Wochen ohne sein, sondern sieben Wochen mit! – Mit mehr Mut, zu sich selbst zu stehen; mit mehr Mut zur Wahrheit im Alltag; mit Freude am Leben, das gerade wegen seiner Endlichkeit so lebenswert ist! Genau darauf laufen die 40 Tage doch zu: Auf das große Fest der Auferstehung des Gekreuzigten, ein Fest des Lebens, das der Tod nicht halten kann. Der Tod drückt, das Leben zieht. Wen das Fasten drückt, der sollte sich ziehen lassen.

Nach der Fastenzeit wird es übrigens weitergehen im Kreis der ewigen Wiederkehr. Vor den Ferien gibt es Tipps für einen friedvollen Urlaub, vor Weihnachten wird vor überzogenen Ansprüchen gewarnt. Zu Sylvester wird dann wieder über Vorsätze geredet, die bereits mit dem Sonnenaufgang am Neujahrsmorgen in den Zustand willensmäßiger Verwesung übergegangen sind. Vorsicht also, wer sich den Vorsatz furiosen Fastens setzt. Wenn ihr schon fastet, redet nicht soviel darüber. Werdet nicht zu Heuchlern mit finsteren Gesichtern, damit euch die Leute bewundern. Wenn euch der Verzicht bedrückt, dann verzichtet auf den Verzicht! Lasst die Masken fallen, ihr Narren. Karneval ist doch vorbei. Lebt dafür endlich euer Leben. Ihr habt kein anderes, sondern nur dieses eine.

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht in der WZ Wuppertal vom 16. Februar 2018

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

11 Kommentare

  1. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 10:27 :

    Da kommt mir Karneval zu schlecht weg. Meine Vermutung: Hier fallen die Masken, die Aschermittwoch wieder übergezogen werden. Ein Hoch auf Karneval!

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2018 um 10:40 :

      Na, ich weiß nicht. Als aus dem autochthon westfälisch aus dem Ruhrgebiet stammend hat mich diese Theorie, dass man an Karneval endlich so sein darf, wie man eigentlich ist, noch nie überzeugt. Warum tut man das nicht 365 Tage im Jahr? Ist das nicht furchtbar anstrengend, nur fünf Tage im Jahr so sein zu dürfen, wie man eigentlich sein will? Warum tut man das nicht die restlichen 360 Tage im Jahr. Warum verstecken sich die Karnevalisten da? Wozu braucht man die Maske, um endlich sich selbst ausleben zu können? Nichts für ungut – wer Karneval feiern möchte, soll das tun. Man muss die Feste halt feiern, wie sie fallen. Aber das wahre Gesicht, das eigentliche Selbst ist immer noch hinter der Maske – und die fällt eben am Aschermittwoch und man muss sich wieder dem aussetzen, was man eigentlich ist: Dem Selbst. Ist nicht gerade das das Problem für viele, dass sie anders sein wollen, als sie tatsächlich sind? Man ist aber nur der oder die, der oder die man ist … Welche Masken sollte da Aschermittwoch hochgezogen werden, die an Karneval fielen? Das scheint eher ein Problem für Karnevalisten zu sein ;-). Wenn ihr den Karneval liebt, dann lebt ihn doch das ganze Jahr! Das tue ich – völlig ohne Maske und Verkleidungen – doch auch!

  2. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 11:10 :

    Nun, für die Masken, die Aschermittwoch hochgezogen wird, hat schon immer die Kirche mit ihrem Moralin gesorgt. In Köln hätte sie den Karneval gerne ganz verboten, was allerdings nicht durchsetzbar war. Gerade im Katholizismus wird doch die heilige Show überstrapaziert. Jeden Sonntag mit der ganzen Familie in der ersten Bank, obwohl die Kinder es hassen etc. Karneval darf man leben, feiern, küssen, albern sein, wie man möchte, ohne schief angeschaut zu werden. Aber lebe das mal im Alltag, dann zerreißen sich die Frommen das Maul 😉

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2018 um 11:19 :

      Na ja, wenn der Karnavalist davon abhängig ist, ob Fromme sich das Maul zerreißen … ist das nicht völlig egal, was andere denken?
      Ansonsten verlassen Sie jetzt ein wenig die sachliche Ebene. Die „überstrapazierte heilige Show“ mag ich auch nicht, erlebe sie aber auch selten bis gar nicht. Wo sitzen denn noch Familien in der ersten Bank? Und wenn: Dann passt da doch nur eine Familie rein – es handelt sich also um einen Einzelfall, der zweifelsohne bedenklich und schwierig ist. Aber kann man daraus Grundsätzliches ableiten? Wohl kaum. Ich persönlich spüre das Bedürfnis, permanent albern sein zu dürfen und küssen, wie man möchte, auch nicht – und wenn ich mir die Beiträge in den Zeitungen, gerade von Damenkomitees, vor Karneval ansehe, dann ist das mit dem „Küssen wie man will“ auch nicht so angebracht. Albern können Sie doch gern auch zwischen Aschermittwoch und Karneval sein – warum verstecken Sie sich da? Weil einen dann niemand mehr ernst nehmen würde? Das ist wohl das Schicksal der Narren, die deshalb sagen können, was sie wollen, weil sie ohnehin niemand ernst nimmt. Wäre es nicht besser, die Wahrheit ungeschminkt und mit offenem Visir zu passenden und unpassenden Gelegenheiten zu sagen, selbst wenn es Konsequenzne hat? Was hilft mir ein Narr, den niemand ernst nimmt! Deshalb bleibe ich dabei: Feiern Sie Karnaval, aber richtig. Aber, nichts für ungut: Das wahre Leben aber spielt woanders. Das spricht nicht gegen den Karneval, wohl aber gegen dessen intellektuelle Überhöhung.

  3. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 11:37 :

    Sie haben Recht, man sollte Karneval nicht überhöhen! Es ist eine vielleicht manchmal notwendige Katharsis, die so sinnvoll ist wie Aschermittwoch, an dem man sich mal wieder mit dem Tod und seinen Konsequenzen für das Leben auseinandersetzen kann. Es gibt die Zeit zu feiern und die Zeit sich zu besinnen. Und ja, Sie haben auch mit der Kritik an meinem Familienbeispiel Recht. Die wird es so nur noch bei den Piusbrüdern geben. Zum Glück! Wenn ich mir allerdings anschaue, was da in unseren Priesterseminaren so nachwächst, dann wünschte ich mir, dass diese Soutaneträger wenigstens einmal im Jahr Karneval feiern und neben dem Tod auch das Leben kennenlernen 😉

  4. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 12:14 :

    Ich wusste, wir würden uns einig 🙂

  5. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 12:18 :

    PS:

    Spannender Kommentar heute von Hagenkord! In die Richtung gehen auch meine Gedanken zum Feiern. Die Messe ist leider keine Feier mehr, sie bräuchte viel mehr Karneval, so wie bei Jesus 🙂

    http://blog.radiovatikan.de/die-jacke-bleibt-an/

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2018 um 12:21 :

      Das wiederum käme ja meiner Sicht der Dinge durchaus auch nah! 😉 Und ja: Hagendkord hat absolut Recht. Auch das Reden von Gemeinschaft ist zu hinterfragen. Faktisch sitzen da im Kirchenraum ein Haufen Leute – aber ist das schon Gemeinschaft? Da besteht so oder so dringender Reflexions- und Handlungsbedarf.

  6. Gerd Schütz schrieb am 18. Februar 2018 um 12:33 :

    Ok, jetzt werde ich doch noch einmal penetrant 😉 Wenn man sich bei Friedensgruß umarmt und vielleicht auch noch die Menschen vor und hinter einem begrüßt, dann ist das doch für viele Fromme schon wieder zu viel und die Mäuler werden sich zerrissen. Das gibt es nicht nur bei den Piusbrüdern 😉 Die Form steht über dem Inhalt, es geht ja nicht ums Vergnügen, sondern um ein demütiges Verhalten vor dem Allerheiligsten. Lesen Sie einmal die konservativen katholischen Blogs, worüber man sich da unter dem Stichwort Messmissbrauch die Köpfe wund debattiert. Und alles keine Piusbrüder…

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2018 um 13:27 :

      Über das Verhältnis von Form und Inhalt kann man lange streiten – ist so ähnlich wie die Frage: War zuerst das Huhn oder das Ei da. Aber der Friedensgruß ist in der Tat ein ambivalentes Ereignis. In meiner Jugend wünschten wir uns auch immer den Frieden; heute beobachte ich manchmal, dass nicht nur vorne und hinten, linke uns rechts gegrüßt wird, sondern auch über ganze Bänke hinweg. Es scheint fast, als brächen beim Friedensgruß alle Dämme und es schafft sich Raum, was vorher nicht sein durfte. Genau das aber meine ich: Was reden wir da permanent von Gemeinschaft, wenn die sich eben nicht ereignet – oder eben im Friedensgruß plötzlich so überschwänglich zum Ausdruck kommt, dass man sich fragen muss: Was ist da in der Messe vorher falsch gewesen oder hat gefehlt. Dass da die Konservativen, denen ein purer Ritualisus reicht und die gerade darin an der Botschaft Jesu und der darin enthaltenen Kultkritik vorbei gehen, nicht mehr klarkommen, ist in sich nur konsequent – auch wenn man über so viel Unverständnis für Jesus Chrisuts, von dem man sagte, er verkehre mit Fressern und Säufern, nur den Kopf schütteln kann. Manch einer wird sich da wohl wundern, wenn er im Himmel erkennen muss, wie da gefeiert wird 😉

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